Auf drei Hügeln erhebt sich Siena über die Toskana und verbindet ihre Bewohner von Geburt an mit der Stadt. Eine fast 400 Jahre alte Tradition, bei der die siebzehn Stadtteile Sienas gegeneinander antreten, macht die mittelalterliche Stadt nicht nur zu einem Spektakel bei Einwohnern und Touristen, sondern auch zu einer der historisch und kulturell interessantesten toskanischen Städte.
Wenn man in Siena ankommt, fällt der Blick schon von weit auf den Dom und seinen Glockenturm, die sich durch ihren weiß-schwarzen Marmor und die gotische Architektur vom Rest der Stadt abheben. Wie in so vielen toskanischen Städten scheint auch hier die Zeit stehen geblieben zu sein. Da sich Siena bis heute ihren mittelalterlichen Charakter bewahrt hat, zählt die historische Altstadt seit Mitte der 90er-Jahre zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Neben der Piazza del Duomo, auf der sich die gotischen Elemente des Doms sowie sein knapp 80 Meter hoher Glockenturm aus der Nähe bewundern lassen, spielt auch die Piazza del Campo eine wichtige Rolle in Siena. Dieser Platz bildet nicht nur aufgrund des Palazzo Pubblico, dem Rathaus, den Mittelpunkt des öffentlichen Lebens.
Hier findet in den Sommermonaten auch der Palio statt, das historische und bei Einwohnern sowie Touristen beliebte Pferderennen, bei dem die verschiedenen Stadtteile Sienas gegeneinander antreten. Der äußere Ring des Piazza del Campo bildet dabei die rund 300 Meter lange Rennbahn, auf der die Reiter und ihre Pferde drei Runden zurücklegen. Das Rennen findet bereits seit dem Jahr 1644 statt und lockt aufgrund seiner langen Tradition und der großen Bedeutung für die einzelnen Stadtteile jedes Mal zehntausende Zuschauer an.
In Siena werden Kinder in einen der siebzehn Stadtteile, auch Contraden genannt, hineingeboren und gehören diesem bis zu ihrem Tod an. Jeder dieser Stadtteile besitzt einen Brunnen, der nach dem Wappen der jeweiligen Contrada gestaltet ist. Hier findet die weltliche Taufe bzw. das Geburtsfest des Kindes statt, was ihre Zugehörigkeit als Stadtteiler offiziell macht.
Zu den heute noch existierenden Contraden gehören Adler, Einhorn, Eule, Drache, Gans, Giraffe, Muschel, Panther, Raupe, Schildkröte, Schnecke, Stachelschwein, Turm, Wald, Welle, Widder und Wölfin. Überall in der Stadt lassen sich Taufbrunnen und Fahnen der Contraden finden, die die Grenzen zwischen den Stadtteilen markieren.
Auch heute noch finden viele Umzüge statt, bei denen Fahnenträger in historischen Kostümen, die ihre Contrada repräsentieren, durch die Stadt ziehen. Für Außenstehende ist es nur schwer nachvollziehbar, wie stark sich die Sieneser mit ihrem eigenen Stadtteil identifizieren. Dennoch trägt diese besondere Verbundenheit zu einem großen Zusammenhalt innerhalb der Nachbarschaft bei und hat einen positiven Effekt auf das soziale Miteinander.
Aufgrund ihrer Lage finden sich in Siena unzählige Straßen, die hinauf und hinab führen und die verschiedenen Ebenen miteinander verbinden. Aber auch die Tradition der Contrade lädt dazu ein, durch die vielen Gassen zu laufen und die Fahnen und Taufbrunnen des jeweiligen Stadtteils ausfindig zu machen.